Winzer

Adeline Houillon stammt aus Besançon. Ihre Mutter lebt bis heute in der Hauptstadt der Franche-Comté, im Département Doubs. Gemeinsam mit ihrem Vater sowie Bruder Emmanuel ist sie schon als Kind ins benachbarte Jura zum Weineinkaufen gefahren. Der Vater hatte eine besondere Vorliebe für die Weine eines gewissen Monsieur Pierre Overnoy und war über Jahrzehnte dessen Stammkunde. Als sein Sohn Manu nicht auf Anhieb wusste, was er nach der Schule machen sollte organisierte der Vater ihm ein Praktikum bei Overnoy. Manu war auf Anhieb begeistert und Pierre, der selbst keine Kinder hat, genoss es, sein umfangreiches Weinwissen zu teilen. So kam eins zum anderen. Manu blieb in der Maison Overnoy in Pupillin und hält heute die Züge dieses legendären Weinguts fest in seinen Händen. Gemeinsam mit Pierre produziert er einige der gesuchtesten Weine des Jura.

Auch seine Schwester half regelmäßig bei Overnoy aus. Zunächst besuchte sie jedoch die Hotelfachschule in Besançon. Dort lernte sie ihren zukünftigen Mann Renaud Bruyére kennen. Der gelernte Koch stammt ursprünglich aus Tain l’Hermitage. 2004 beschlossen die beiden, sich in Pupillin ein Haus zu kaufen und ihren Lebensmittelpunkt dorthin zu verlegen. Renaud, der schon immer eine ausgeprägte Leidenschaft für Wein hatte, hängte den Kochberuf an den Nagel und heuerte als Außenbetriebsleiter bei Stéphane Tissot an. Das war im Jahr 2007.

Als Tissot ihm 2011 eine Parzelle in der Lage Les Tourillons in einem der höchstgelegenen Weinberge von Arbois anbot, musste Renaud nicht lange überlegen und schlug ein. Die Chardonnay- und Savagnin-Reben hier sind um Durchschnitt 30 Jahre alt und wurzeln auf extrem kalkhaltigen Böden, die an vielen Stellen von Lehm durchsetzt sind.

Bruyére hält diese Lage für eine der besten rund um Arbois. Der Weinberg wurde bereits von Tissot in eine biologisch-dynamische Wirtschaftsweise überführt und auch Bruyére blieb und bleibt dieser Linie treu. Gezielt wendet er Mittel zur Dynamisierung der Böden oder zur Stärkung der natürlichen Abwehrkräfte der Pflanzen an (Steiners sogenannte 500er Mittel). Dabei ist er weder Anthroposoph, noch strebt nach einer Zertifizierung durch Demeter oder Biodynvin. Die Ergebnisse überzeugen Renaud schlichtweg.

Noch im Jahr 2007 produzierten Adeline und Renaud ihren ersten eigenen Jahrgang. Mit rund 250 Flaschen Ploussard und 700 Flaschen Weißwein fiel die Produktionsmenge allerdings relativ gering aus. Dementsprechend war es von Beginn an das Ziel der beiden, ihr Weingut sukzessive auszubauen und zu vergrößern. So pachteten sie 2012 weitere Parzellen in Pupillin. Sie befinden sich in renommierten Lagen wie Aspis, Fonteneille und Côte de Feule. Glücklicherweise wurde auch hier bereits von den Vorbesitzern getreu biologischer Richtlinien gearbeitet. Eine langwierige Umstellungsphase war somit nicht notwendig. Für den Jahrgang 2012 konnte die Produktionsmenge mit 3500 Flaschen mehr als verdreifacht werden. 2013 folgten dann nochmals 2 ha Reben in Pupillin und Montigny-les-Asures, der Trousseau-Hochburg des Jura. Heute ist das Weingut bei einer Gesamtrebfläche von 6 ha angelangt und somit „voll ausgewachsen“.

Ende 2015 kündigte Renaud schließlich seinen Job bei Tissot, um sich voll und ganz um sein eigenes Weingut kümmern zu können. Anfang 2016 wurden die bislang letzten Neupflanzungen in Pupillin in der Lage Aspis gesetzt. Natürlich in unmittelbarer Nähe zu einer Parzelle der Maison Overnoy. Als Adeline und Renaud den Wingert vor ein paar Jahren übernommen hatten, war er komplett von wildem Gras überwuchert – es dauerte 3 Tage, um den Weingarten von dem Bewuchs zu befreien. Um das Wachstum der Neupflanzungen zu stärken, bringt Renaud in den ersten beiden Jahren Stickstoff aus. Eine bewehrte Vorgehensweise, die er von Pierre Overnoy übernommen hat.

Die Reben von Adeline und Renaud stammen allesamt aus einer massale selection. Auf Klone wurde hingegen gezielt verzichtet. Besonders bemerkenswert ist, dass die Pflanzen dadurch kaum Probleme mit der Pilzgemischkrankheit Esca haben. Diese sucht besonders gerne die älteren Reben heim und kann bis heute nicht wirklich geheilt werden. Neben Chardonnay, Savagnin und Ploussard hat Renaud 2015 auch eine 11 Ar große Parzelle mit Trousseau bestockt. Dabei wählt Bruyére bei der Neubepflanzung stets einen Pflanz- und Zeilenabstand von jeweils einem Meter.

Innerhalb der gesamten Gemarkung der AOC Arbois Pupillin dominieren Mergelböden aus dem Trias. Der nach Westen hin ausgerichtete Hang weist eine nur 40 cm dicke Bodenauflage auf. In der Lage Aspis wurzeln die Reben auf verwittertem grauen Mergel. Fonteneille hingegen präsentiert Kalkböden mit hohem Fossilanteil (die so genannten Gryphées) und die Côte de Feule besitzt Unterböden aus verschiedenfarbigem Mergel.  Mit diesem Lagenprofil können Adeline und Renaud mit ihren Weinen ein relativ breites Bild der Jura-typischen Bodenformationen zeichnen. 

Die Lese der Trauben erfolgt rein manuell. Es wird ein Durchschnittsertrag von 30-35hl/ha eingefahren (2015 waren es sogar nur 25hl!). Während die Weißweintrauben im Ganzen zur Weiterverarbeitung in das Weingut transportiert werden, wird der Ploussard an Ort und Stelle durch ein so genanntes crible (einer Art Holzgitter) besonders schonend manuell entrappt. Anschließend durchlaufen die Rotweine eine maceration carbonique von bis zu 30 Tagen. Die Weißweine werden hingegen ohne weitere Temperaturkontrolle in gebrauchten pièces vergoren. Für die alkoholische Gärung kommen ausschließlich natürliche, wilde Hefen zum Einsatz.

Bei der Vinifikation der Weine werden die beiden eng von Manu und Pierre beraten. Schließlich befand sich der Fasskeller der Domaine in den Anfangsjahren unmittelbar unter dem Wohnhaus der Familie und damit im direkten Nachbarhaus der Maison Overnoy. Ende 2015 konnte Renaud einen größeren Keller in der unmittelbaren Nachbarschaft anmieten und dadurch den Betrieb ein wenig entzerren. Die enge Kooperation beider Häuser geht jedoch unverändert weiter.

Für den Ausbau seiner Weißweine nutzt Bruyére bisher ausschließlich Holzfässer, die mindestens fünf Jahre alt sind. Im vergangenen Jahr kaufte erstmals einen Schwung neuer Fässer, die allerdings so schwach getoastet sind, dass sie eine fast weiße Farbe aufweisen. Noch nie haben wir derart helle Fässer gesehen! Ähnlich wie im Hause Overnoy reift auch Renauds herausragender Ploussard in einem „großen“ Edelstahltank heran.

Die Weine der Domaine werden stets ohne Filtration, Schönung, Enzymbehandlung oder sonstige manipulative Eingriffe abgefüllt. Auch auf den Zusatz von SO2 wird im gesamten Vinifikationsprozess sowie vor der Abfüllung verzichtet. Adeline und Renaud produzieren eben im besten Sinne lebendige Weine. Die Energie und Frische der Weine ist bemerkenswert. Dabei versuchen sie keinem Trend zu entsprechen, sondern den ureigenen Charakter von Terroir und Rebsorte möglich unverfälscht durch den abzubilden. Ihre Weine sind zeitlos. Und damit sind sie ganz nah bei Pierre.